Das Risiko, Kratzer zu erzeugen, bestand vor allem beim Umrüsten und beim regelmäßigen Aufpolieren der stählernen Formeinsätze (Werkstoff: 1.2343 ESU). Im schlechtesten Falle bedeutete dies: Werkzeug herunternehmen, abkühlen, abrüsten, nachpolieren und wieder einbauen – eine Prozedur, die bis zu einer Woche dauern kann, z. B. wenn die Form zur Aufarbeitung verschickt werden muss. Für die Hochleistungs-Produktion in Bocholt keine akzeptable Situation, denn Schnelligkeit ist ein Muss: »Bei Kundenbestellungen sollen 90 % der Ware bereits innerhalb von drei Tagen ausgeliefert werden«, so Stefan Schlottbohm. Makellosigkeit und Geschwindigkeit – angesichts dieser Herausforderungen war der Vorschlag des Beschichtungspartners Oerlikon Balzers, bestimmte Werkzeuge mit dem innovativen Verfahren BALITHERM PRIMEFORM zu behandeln, eine Punktlandung.
Plasmaunterstützter Härtungsprozess
Im BALITHERM PRIMEFORM-Verfahren wird in einem plasmaunterstützten Prozess eine verschleiß- und kratzfeste Diffusionsschicht mit hoher Oberflächenhärte im Grundmaterial erzeugt. Weil es sich dabei nicht um eine Schichtabscheidung handelt, sondern um eine ›Tiefenbehandlung‹ der Oberfläche, lässt sich das Werkzeug anschließend problemlos auf Hochglanz polieren. Dies verkürzt den Wartungsaufwand deutlich, denn die Formen müssen künftig weder zum Nachpolieren noch zur Entschichtung und Wiederbeschichtung verschickt werden.
Auch die Entformbarkeit sowie das Einspritz- und Fließverhalten des Kunststoffs - hier ABS - verbessern sich. Dies begünstigt die Fertigung von Produkten mit kaum sichtbaren Bindenähten und löst damit ein allgegenwärtiges Problem der Qualitätsanbieter in der Branche.
Senkung der Zykluszeit um mehr als 10 %
Eine weitere kontinuierliche Herausforderung ist die Minimierung der Zykluszeit. Hier sorgte BALITHERM PRIMEFORM bei Gigaset in Bocholt im ersten Schritt für eine Senkung um rund 10 %. Weitere Verbesserungen über die gesamte Produktlaufzeit von etwa vier Jahren mit einer geplanten Stückzahl von rund 570’000 erscheinen möglich. Behandelt wurden bisher das Einfachwerkzeug zur Herstellung der Ladeschale des ›Sculpture‹-Telefons sowie die beiden Zweifachwerkzeuge für die Abdeckung der Ladeschale und die Oberschale des Mobilteils – alle drei sind Hochglanzbauteile. Formen für strukturierte Elemente wurden bisher mit einer TiN-Beschichtung geschützt, die bei einer Beschädigung aber auch Wartungsaufwand schaffen würde. »Mit BALITHERM PRIMEFORM erübrigt sich auch das. Und wenn alles wunschgemäß läuft, steht dem Einsatz für andere Hochglanzprodukte nichts im Wege«, prognostiziert Stefan Schlottbohm, Leiter Werkzeugbau, mit Blick in die Zukunft.