26 Innovation AUF DER SUCHE NACH DEM ZUKÜNFTIGEN WELTMARKTFÜHRER Frank Thelen ist Seriengründer, Technologie-Investor, TV-Persönlichkeit und Autor – und er ist überzeugt, dass Additive Manufacturing die Industrie grundlegend verändern wird: »Die Frage ist nur, wann genau das sein wird.« Inzwischen ist er auf der Suche nach AM Start-ups – und ist dabei ganz schön wählerisch. Denn nichts Geringeres sucht er als das nächste (erste?) europäische AM-Einhorn*. von Agnes Zeiner Frank, was verbindet dich mit Additive Manufacturing? Wir bei Freigeist wollen herausragende Unternehmen aus Europa heraus mit aufbauen. Dafür haben wir einen »Baukasten der Zukunft« definiert, und wollen kluge Köpfe und ihre Ideen mit dem nötigen Kapital zusammen- bringen. Wir sind überzeugt, dass AM eine Revolution darstellt, die zwar noch am Anfang steht, aber in zehn Jahren die Industrie völlig verändern wird. Ähnlich wie das Internet, von dem man wusste: Es wird unsere Welt verändern – aber niemand konnte vorhersagen, wann genau. Wie findet Freigeist seine Investments? Für alle Bereiche, die wir in unserem »Baukasten der Zukunft« definiert haben, haben wir Experten, und wir kooperieren eng mit Universitäten. So können wir sehr früh relevante Themen und Start-ups identifizieren. Gibt es im Portfolio von Freigeist bereits AM-Start-ups? Wir investieren einerseits in Start-ups, die sich noch in der Frühphase befinden, also im Venture Capital Bereich. Ein zweites Standbein ist unser Aktienfonds 10xDNA, mit dem wir in aufstrebende Firmen investie- ren, die bereits an der Börse gelistet sind. Leider haben wir bei beiden noch nicht das richtige Investment im Bereich AM gefunden. einen anderen Mindset. Für sie heisst es: »We do it or we die« – sie haben gar keine Alternative als progressiv auf Innovation zu setzen. Warum nicht? Wir haben – trotz einiger Treffen mit europäischen Start-ups – noch keinen Match gefunden. Wir sind sehr anspruchsvoll. Für ein Investment muss sowohl das Team stimmen als auch die Phase, in der sich das Start-up befindet. Auch muss die Technologie so skalierbar sein, dass daraus ein Multi-Milliarden-Euro-Unternehmen entstehen kann. Was haben Tech-Start-ups etab- lierten (Industrie-)Unternehmen voraus? Wird eine Industrie durch eine Techno- logie radikal umgeschrieben, müssen Unternehmen agil reagieren. Damit tun sich grosse, etablierte Unternehmen oft sehr schwer: Sie können sich nicht von ihrem Kern-Business lösen und investieren deshalb nicht genug in diesen Paradigmenwechsel – ein gutes Beispiel ist der Automobilsektor und die E-Mobilität. Junge, neue Player hingegen können sich ohne Rücksicht auf »Altlasten« völlig auf die neue Tech- nologie konzentrieren. Und sie haben Wie können Start-ups und Industrie zusammenfinden, und wie können etablierte Unterneh- men Start-ups fördern? Es führt kein Weg daran vorbei – Start-ups und Industrie müssen zusammenfinden! Was die Übernahme von Start-ups durch etablierte Unter- nehmen anbelangt, sind uns China und die USA voraus. Bei uns in Europa, und ganz besonders in der DACH- Region, leiden Unternehmen oft am »Not invented here«-Syndrom – sie versuchen zu sehr, selbst innovativ zu sein, anstatt vielversprechende Start-ups zu übernehmen. Kommt es zu einer Übernahme oder einer Kooperation, müssen aber beide Partner auf Augenhöhe agieren. Das heisst auch zu akzeptieren, dass das Start-up sein Business besser kann als der Konzern, der es fördert oder über- nimmt. Und: Die DNA eines Start-ups darf bei der Integration nicht zerstört werden – denn geben die führenden Köpfe frustriert auf und verlassen das Unternehmen, verlieren beide. Herzlichen Dank für das Gespräch! * Mit »Einhorn« oder engl. »Unicorn« wird ein Start-up-Unternehmen bezeichnet, das mit über 1 Mrd. US-Dollar bewertet wird. Eines der höchstbewerteten Unicorns ist Elon Musk’s SpaceX.