BEYOND SURFACES
Herbst
16
Passion
nicht nur die Innovation weiter vor-
anschreiten, es wird sich auch die
Art und Weise, wie in der Industrie
gearbeitet und gefertigt wird, verän-
dern. Mit den AM-Verfahren ist man
in der Formgebung unabhängiger.
Wenn es gestern noch hieß: »Design
for Manufacturing
«
, so können wir
dank AM heute sagen: »Design for
Function.
«
Das ist es, was die additi-
ve Fertigung so revolutionär macht.
Wann macht additive Fer
tigung denn Sinn?
Da gibt es viele Bereiche. Ein klassi-
sches Beispiel sind etwa Einzel- oder
Ersatzteile: Werden diese mittels additi-
ver Fertigung produziert, können die
Reparaturzeiten verkürzt und aufwän-
dige Lagerhaltung vermieden werden.
Wir sind aber bereits einen Schritt
weiter, denn die Technologie eta-
bliert sich zunehmend auch in der
produzierenden Industrie, wo sie
herkömmliche Fertigungsverfahren
ergänzt. Individualisierte Einzelstücke
und Kleinserien können so zeit- und
ortsnah beim Kunden gefertigt werden.
Denn statt zentral zu produzieren und
im Container oder per Luftfracht um
die halbe Welt zu schicken, werden
zukünftig einfach die Daten an den
Drucker gesendet, der dann vor Ort
das benötigte Teil in kürzester Zeit
passgenau ausdruckt. Und wenn
eine Apparatur mit den gewünschten
Spezifikationen im Moment noch nicht
verfügbar ist – dann wird auch diese in
absehbarer Zukunft gedruckt werden!
Ein weiterer, wesentlicher Vorteil
ist auch, dass Komponenten für die
Industrie in neuen und komplexen
Formen, die bisher nur mit sehr
großem Aufwand gefertigt werden
können, schnell und unkompliziert
herzustellen sind – und das teilweise
sogar mit neuen Werkstoffen, die
bisher nicht möglich waren. Letztend-
lich wird damit die Leistungsfähigkeit
von Produkten weiter verbessert, und
die Kosten gesenkt. Das alles sind
übrigens keine Zukunftsphantasien –
schon längst finden sich serienmäßig
gedruckte Teile in Flugzeugen, etwa in
Triebwerken oder Steuermechaniken.
Sie haben mehrmals die Kos
ten angesprochen. Wie können
diese denn dank additiver Fer
tigung reduziert werden?
Da wird es verschiedene Möglichkeiten
geben. Ein wesentlicher Unterschied
der additiven Fertigung zu bisherigen
Fertigungsverfahren ist, dass Material
nicht weggefräst oder -geschnitten,
sondern Lage für Lage nur dort auf-
gebracht wird, wo es auch benötigt
wird. Das spart Material – dadurch
wird die Produktion nachhaltiger, und
bei teuren metallbasierten Werkstof-
fen macht sich das natürlich auch auf
der Kostenseite deutlich bemerkbar.
Einsparungen wird es aber auch in
der Logistikkette und Lagerung geben,
wenn Ersatzteile nur noch bei Bedarf
und vor Ort gefertigt werden. Um so
weit zu kommen muss aber die Pro-
duktivität der additiven Fertigung noch
stark verbessert werden, d.h. die Kosten
müssen sinken. Dies wird über effizien-
tere Maschinen, automatisierte Prozesse,
reduzierte Materialkosten und neue
Verfahren geschehen. Heute geschieht
noch vieles in diesem Prozess manuell.
Standpunkt
Wofür wird die additive Fertigung
bereits heute genutzt, und
wie sieht die Zukunft aus?
Die zentralen Anwendungsbereiche, auf
die wir uns konzentrieren, liegen in der
Herstellung von Schlüsselkomponenten
für die Luftfahrt-, Automobil-, die
Medizinbranche, für Kunden im Bereich
Werkzeugbau und in der produzierenden
Industrie. In all diesen Bereichen arbeiten
wir bereits an Kundenprojekten. Zudem
nutzen wir die additive Fertigung bereits,
um eigene Produkte herzustellen – im
Bereich Thermal Spray Equipment und
für spezielle Komponenten für Getriebe
lösungen und Textilsysteme. Diese
Projekte befinden sich zwar noch im
Entwicklungs- und Forschungsstadium,
aber wir werden dieses Wissen auch
an unsere Kunden weitergeben.
Woran arbeiten Sie gerade?
Um die Industrialisierung weiter voranzu-
treiben, muss insbesondere die Produkti-
vität des Verfahrens noch gesteigert und
das Angebot an Werkstoffen ausgebaut
werden. Das sind unsere Hauptthemen.
Als Technologiepartner für Schlüsselkom-
ponenten arbeiten wir am Aufbau von
Service-Zentren, wo wir unseren Kunden
Zugang zur Fertigung von Komponenten
mittels additiver Fertigung anbieten wer-
den. Und wir arbeiten an der Verbesse-
rung der Prozesstechnik und der Abläufe.
Unsere Werkstoffspezialisten arbeiten
zudem daran, unser Werkstoff-Portfolio
für diesen Bereich weiter auszubauen.
Können Ihre Kunden bereits
im AM-Verfahren arbeiten?
Ja, wir arbeiten bereits mit diversen
Kunden an der Entwicklung von
Kleinserien. Und da wir unsere Kapa-
zitäten im Druckerbereich ausbauen
werden, können wir Kunden dem-
nächst auch die Fertigung von 3D-
Produkten global als Service anbieten.
Herr Mauerer, wir danken
für das Gespräch!
»Es gibt derzeit kaum
eine Technologie, die
mehr Wachstums
potenzial verheißt.«