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Technologie & Innovation

Technologie & Innovation

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BEYOND SURFACES

Herbst

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Zusammenarbeit von

Forschung und Industrie

für zukünftige

Beschichtungstechnologien

Vereinte Kompetenz

Die Entwicklung neuer Beschichtun­

gen und der dafür nötigen Prozesse

ist sehr aufwändig und damit teuer.

Was heißt das für die Industrie?

Der Aufwand ist in der Tat sehr hoch,

weshalb die Industrie oft nicht in der

Lage ist, das alleine umzusetzen. Sie

sucht die Lösung also über Koope-

rationen, z.B. mit Hochschulen. Viele

Entwicklungen müssen auf molekula-

rem und atomarem Niveau stattfinden;

dafür ist eine breite Kompetenz in

verschiedenen Bereichen erforderlich.

Das will und kann sich verständlicher-

weise kein Unternehmen leisten.

Forschung und Industrie sollten

also enger zusammen arbeiten?

Ja – und das ist auch heute schon

sehr oft der Fall. Von der Zusammen-

arbeit profitieren beide Seiten gleicher­

maßen. Der Schritt vom Labor bis zur

Produktion ist riesig. In der Fertigung

ist man mit völlig anderen Herausforde-

rungen als im Labor konfrontiert. Den

Forschungseinrichtungen fehlt es aber

meist an der Infrastruktur, denn Techni-

kumsanlagen – das sind Versuchsanla-

gen, die es ermöglichen, die Prozesse

in Echtzeit abzubilden – sind sehr teuer.

Eine Finanzierung ist also nur mit der

Unterstützung der Industrie möglich.

Beschichtungen sind überall zu finden und aus der moder-

nen Welt nicht mehr wegzudenken. Manche davon sind

offensichtlich, andere kaum zu erkennen. Dr. Pierangelo

Gröning ist Leiter des Departements für ›Moderne Materia-

lien und Oberflächen‹ sowie Präsident der Forschungs­

kommission der Empa. Er beschäftigt sich tagtäglich mit

Beschichtungen – und stand BEYOND SURFACES für ein

Interview zur Verfügung.

Oberfläche des Menschen – die Haut:

Sie schützt einerseits den Körper vor

äußeren Einflüssen; gleichzeitig be-

steht sie aber auch aus unzähligen

Sensoren, die Informationen über die

Umwelt ins Innere, an unser Gehirn,

weiterleiten. Für derart komplexe Vor-

gänge besteht natürlich in der Technik

noch enormes Entwicklungspotential.

Vieles ist denkbar; von der Forschung

bis zur Umsetzung dauert es aber.

Und wenn wir Sie bitten, einen Aus­

blick in die nahe Zukunft zu wagen?

Ich könnte mir vorstellen, dass in

absehbarer Zeit organische Leucht-

dioden unsere Umgebung erhellen

könnten. Dann werden Oberflächen

um eine weitere Funktion – die des

Lichts – erweitert. Beispielsweise

würden dann aus Wänden großflächige

Raumbeleuchtungen. Aber auch der

Einsatz von organischen Leuchtdioden

in biegsamen Bildschirmen ist denk-

bar, und natürlich noch eine Fülle von

anderen Anwendungsmöglichkeiten.

Herr Dr. Gröning, Beschichtungen

weisen zum Teil vielseitige Eigen­

schaften auf, die unser aller Leben

stark beeinflussen und verändern

können. In welche Richtung entwi­

ckeln sich die Technologien denn

in den nächsten Jahren?

Sehen Sie sich einmal um – alles

ist beschichtet. Die Bedeutung von

Beschichtungen hat sich im Laufe der

Zeit sehr verändert. Sie dienen nicht

nur der Ästhetik, sondern ermöglichen

oft erst hocheffiziente Prozesse und

zusätzliche Funktionen. Die Oberfläche

steht ja meist im direkten Kontakt mit

der Umwelt. Denken wir einmal an die

»Vieles ist denkbar; von der

Forschung bis zur Umsetzung

dauert es aber.«

Wie wirkt sich diese

Zusammenarbeit aus?

Sie ermöglicht die frühe Gewinnung von

Daten unter entsprechenden Fertigungs­

bedingungen und unter Einbezug

des benötigten Know-hows. Das hat

viele Vorteile: Beispielsweise wird die

Entwicklungszeit damit enorm verkürzt,

da man ein Verfahren schon frühzeitig

unter realen Bedingungen testen kann.

Und ist man erst einmal in der Lage,

einzelne Stückzahlen in entsprechen-

der Qualität zu fertigen, dann schafft

man das auch für 100, 1’000 und

viele mehr. Die Unternehmen müssen

ihrerseits natürlich Interesse an einer

derartigen Zusammenarbeit zeigen.

Welche Rolle spielt dabei ein

Institut wie die Empa?

Die Empa ist bestrebt, Innovationen zu

schaffen und trägt dazu entsprechendes

Wissen und gewonnene Erkenntnisse

in die Industrie. Sie erfüllt sozusagen

eine Brückenfunktion zwischen akade-

mischer Forschung und der Industrie.

Das neue Coating Competence Center

auf dem Empa-Areal in Dübendorf ist

beispielsweise ein großer Schritt bei

der verstärkten Zusammenarbeit von

Forschung und Beschichtungsindustrie.

In den kommenden Jahren entsteht

hier in Dübendorf, auf dem Gelände

eines stillgelegten Flughafens, ein

Standort des ›Switzerland Innovation

Park (SIP)‹, mit dem Ziel, dass Unter-

nehmen dort ihre Forschungs- und

Entwicklungsabteilungen ansiedeln