Technologie & Innovation
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BEYOND SURFACES
Herbst
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Spezielle Beschichtungen machen Materialien haltba-
rer, leistungsstärker oder schlicht ansehnlicher. Ent-
sprechend hat das Spezialgebiet ›Oberflächentechno-
logien‹ auch in so unterschiedlichen Industrien wie der
Luft- und Raumfahrtechnik, der Automobilindustrie,
der Bauwirtschaft, der Energieerzeugung und der Bio
medizin Einzug gehalten.
Bessere Produkte, von der
Natur inspiriert
Oberflächen wie unsere Haut schützen das darunter
liegende Gewebe und ermöglichen so dem gesamten
Organismus, auch unter extremen Umgebungsbedin-
gungen reibungslos zu funktionieren. Wüstenpflan-
zen etwa überleben lange Dürreperioden dank einer
wachsartigen Oberfläche und veränderlicher Poren,
mit denen sie die Verdampfung von Wasser in die Um-
gebungsluft regeln. Ähnlich ist es bei Gasturbinen in
Kraftwerken: Sie arbeiten am effizientesten mit heißem
Gas unter hohem Druck. Aber wenn es zu lange zu
heiß ist, können ihre Schaufelblätter, die aus Superle-
gierungen bestehen, mit Sauerstoff reagieren, korro-
dieren und schließlich versagen. Eine Schutzschicht,
die sogar die extremen Bedingungen in einem Hoch-
ofen aushalten würde, verhindert das Diffundieren von
Sauerstoff und damit das Korrodieren der Turbinen-
schaufeln. So arbeitet die Turbine länger und besser.
Bionik oder Biomimetik heißt, sich die Natur zur
Lehrmeisterin zu nehmen – in diesem Fall ihre mole-
kularen Strategien. »Möchte man zum Beispiel eine
wasserabweisende Beschichtung herstellen, kann
man sich bei der Lotuspflanze einiges abschauen«,
sagt Dr. Helmut Rudigier, Chief Technology Officer des
Oerlikon Surface Solutions Segments. Diese Pflanzen
weisen Wasser ab, indem sie den Gasfluss in einem
Blatt steuern. Wissenschaftlern hilft diese Beobach-
tung bei der Entwicklung von Beschichtungen, die die
Diffusion von Gasen einschränken – so nutzt sich das
darunterliegende Material weniger ab und rostet nicht.
Die Technologie holt auf
Oberflächenbeschichtungen haben Eigenschaften, die
das darunterliegende Trägermaterial nicht besitzt. So wird
z.B. Titan, das für Knochenschrauben eingesetzt wird,
mit einem silberhaltigen Überzug versehen, der antibak-
terielle Eigenschaften hat und so Infektionen verhindert.
Traditionelle synthetische Oberflächenbeschich-
tungen haben meist genau eine Funktion – nicht mehr.
Anders ist es in der Natur: Unsere Haut schützt, atmet,
fühlt, hält Wärme im Körper, gibt Wärme ab und vie-
les mehr. Doch auch hier holt die Technologie auf: So
muss die Oberfläche von Zahnrädern in einem Formel 1
Rennwagengetriebe ausreichend hart sein, um Kräfte
so effizient wie möglich zu übertragen und dabei ex
trem widerstandsfähig sein. Das erreicht man durch den
Einsatz von Wolframkarbid. Aber die Zahnräder sollten
auch gute Gleiteigenschaften besitzen, um Reibung zu
reduzieren und eine maximale Kraftübertragung auf den
Antrieb zu gewährleisten. Damit nicht alle Energie knir-
schend im Getriebe versandet, sondern die PS auch auf
die Straße kommen.
Zukunftsvision: Intelligente Schichten
Eine Fähigkeit aber, die unsere Haut spielend beherrscht,
kann die Technologie nicht bieten – noch nicht jeden-
falls: Bei einem Kratzer z. B. aktiviert der Körper einen
Wundheilungsprozess, um die Wunde zu schließen und
das beschädigte Gewebe zu ersetzen. Damit wird auch
verhindert, dass zu viel Blut – der Treibstoff unseres
Körpers – austritt. In der Technologie würde man von
einer ›intelligenten Beschichtung‹ sprechen oder auf
Englisch von ›smart coating‹.
Industrielle Oberflächenlösungen sind bisher noch
nicht so anpassungsfähig, aber an ihrer Entwicklung
wird gearbeitet. Vielleicht gibt es dann bald adaptive
Flugzeugflügel, die beim Start rauer werden, um den
erforderlichen Strömungswiderstand zu erzeugen? Der
Pilot müsste dann nicht mehr Trimmklappen und Sta-
bilisatoren einstellen, damit das Flugzeug vom Boden
abhebt, und später in der Luft würden sich die Flügel
von selbst justieren, dadurch die Reibung reduzieren
und den Luftfluss optimal ausnützen.
Der harte Panzer schützt die Meeres-
schildkröte vor ihren Feinden. Trotzdem
ist er so konstruiert, dass das Tier unter
Wasser gut schwimmen und manövrieren
kann. Die Beschichtungen von Oerlikon
Surface Solutions sind ähnlich flexibel:
Sie schützen zum Beispiel Turbinen
in Wasserkraftwerken vor Verschleiß
und Erosion, und ermöglichen gleich-
zeitig, dass die Turbinenschaufeln
sich fast reibungsfrei bewegen – das
optimiert die Energiegewinnung.